Die glückliche Familie ist diejenige, die uns in Werbespots entgegen lächelt. Mutter, Vater, Kinder. Am besten Junge und Mädchen. Am besten immer lachend und gut gelaunt. So kann es sein. So ist es aber nicht. Machen wir uns nichts vor. Ein Kind bedeutet: Gute Organisation, Verzicht, Sorgen, Ängste, Eltern-Dasein 24/7, Stress, Ärger, und ja, auch Selbstaufgabe. Zwei Kinder bedeuten: Keine Ahnung, ich will es gar nicht wissen. Ich sehe nur, was ich sehe. Für mich hat sich die Frage nach einem zweiten Kind nie gestellt. Ich war 39, als ich mein erstes Kind bekam. Ein gesundes schönes Kind mit zehn Fingern, zehn Zehen, zwei Armen und zwei Beinen. Keine Selbstverständlichkeit. Ich war glücklich, Leben schenken zu dürfen. Und irgendwann, nach dem ersten aufregenden Babyjahr, häufte sich eine immer wiederkehrende Frage: Wie sieht es aus mit Baby Nummer zwei? Ich weiß nicht, antwortete ich, leicht irritiert. Wie soll es denn aussehen? Ich bin vollkommen beschäftigt mit meinem einem Wunsch-Kind.
Und dann schlugen Argumente auf mich ein, warum ein Geschwisterkind doch schön ist. Wenn ihr mal nicht mehr seid, haben sich die beiden immer noch. Einzelkinder werden zu sehr verwöhnt. Mit zwei Kindern ist man als Familie doch erst komplett. Geschwisterkinder lernen zu teilen. Sie können zusammen spielen, wie praktisch das ist. Blablabla. Nein. Ich entschied mich bewusst gegen ein zweites Kind. Weil all die Argumente mich nicht überzeugt haben. Und weil ich das Leben mit meinem geliebten Einzelkind schön und erfüllend finde und es mir genügt, all die Dinge wie Windeln wechseln, Schnuller abgewöhnen, Fläschchen zubereiten, Babysprache kennenlernen, erste Zähne wachsen sehen, mit Babygeschrei klarkommen, niedliche Wortkreationen hören, holprigen Sitzversuchen zuschauen, allererste tapsige Schritte beobachten, Krippeneingewöhnung geduldig mitmachen, Kinderzimmer altersgerecht einräumen, permanent Kinderklamotten kaufen, Planscherlebnisse planen, Spielplatzzeiten aushalten, Urlaub kindgerecht aufteilen, geregelte Schlafabläufe beibringen, U-Untersuchungen nicht vergessen, Kinderkrankheiten durchstehen, lautes Kinderlachen, wildes Toben, unkontrollierte Wutanfälle und und und... nur einmal mit einem Kind zu erleben.
Es wimmelt um mich herum von Müttern mit zwei oder mehr Kindern. Was treibt sie wohl an, ein zweites Kind haben zu wollen? Diese Mütter, die anscheinend nicht genug vom Muttersein bekommen. Ich bewundere sie alle für ihren Mut. Aber ich selbst will kein zweites Kind, ich wollte nie eins. Und ich habe deswegen kein schlechtes Gewissen. Ja, ich bin genügsam. Vielleicht weniger mutig als die anderen, vielleicht auch einfach etwas egoistischer. Ich möchte kein Ideal leben, das mir die Gesellschaft auferlegt. Der Alltag mit einem Einzelkind ist herausfordernd genug. Ein Einzelkind sucht immer die Nähe zu Mama und Papa. Nach dem Kindergarten, an den Wochenenden, in der Urlaubszeit. Es fordert viel mehr Aufmerksamkeit, weil der Mensch ein soziales Wesen ist. Geschwisterkinder können auf sich gegenseitig ausweichen, Einzelkinder haben diese Möglichkeit nicht.
Es gibt viele bedeutende Momente im Leben. Der wohl bedeutendste ist es, ein Kind zu gebären und es auf seinem Weg ins Leben ein Stückchen zu begleiten. In diesem Blog halte ich die unglaublich spannenden, aufregenden, nervtötenden, unvergesslichen, anstrengenden und einzigartigen Augenblicke, die ich mit meinem Einzelkind erlebe, fest. Für mich und für diejenigen, die wissen, wie es ist, wenn Mama heute ein Dino sein muss, morgen ein böses Monster und übermorgen ein Superheld, der fliegen kann. Aber auch für alle, die einfach neugierig sind.
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